Dass sich der Lebensabschnitt der Kindheit im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, ist unstrittig. Dazu beigetragen haben einerseits soziostrukturelle Bedingungen, aber auch veränderte Erziehungsvorstellungen der Eltern.
Darüber hinaus haben sich die räumlichen und zeitlichen Lebensbedingen von Kindern gewandelt. Die natürlichen Spielräume, die Kindern zur freien Entfaltung zur Verfügung stehen, haben sich drastisch reduziert. Dadurch ist der Bewegungsradius enorm eingeschränkt. Kinder bewegen sich zu wenig, was zu Übergewicht und Haltungsschäden führen kann und, aufgrund der schlechter entwickelten Motorik, auch zu mehr Unfällen und Verletzungen.
Erwachsene gestalten stattdessen künstliche Spielwelten für die Kinder. Funktionsbezogene Spielplätze, Kinderzimmer und Einrichtungen stehen den Kindern ständig zur Verfügung. Der Nachteil: die Kinder werden durch das Überangebot nicht in ihrer Phantasie und ihrer Kreativität angeregt. Das eigene Tun und Erfahren der Kinder wird behindert. Die künstlichen und von den Erwachsenen kontrollierten Spielwelten haben den Alltag der Kinder von draußen nach drinnen verschoben. Dadurch geht den Kindern der natürliche Bezug zur Natur verloren.
Diese Entfremdung von der uns umgebenden Natur und von der eigenen Natur des kreativen Tuns kann aber weitreichende Folgen haben. Kinder konsumieren zunehmend. So werden beispielsweise Drachen nicht mehr selber gebaut, sondern gekauft. Auch die Medien bieten den Kindern keine eigenen, sondern vorgefertigte Erfahrungen. Es fehlt das eigene Erleben. Dadurch dass die Lebenswelten der Kinder nicht von ihnen, sondern von Außenstehenden erschaffen werden, erleben die Kinder Stress, Unsicherheit und Orientierungslosigkeit.
Wenn Kinder dann Auffälligkeiten im emotionalen und/oder sozialen Bereich sowie Konzentrationsschwächen oder Sprachauffälligkeiten zeigen, wird bei den Kindern diagnostiziert und therapiert. Einfacher (und „richtiger“) wäre es, an der krankmachenden Umwelt der Kinder zu arbeiten.
In erster Linie müssen Kinder eigene Erfahrungen machen dürfen. Durch ihr eigenes Tun und Handeln erwerben sie die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung. Sie lernen sich selbst kennen und sie lernen, auf sich selbst zu vertrauen, zwei wichtige Grundlagen im Leben. Nur wenn die Spielwelten der Kinder so natürlich wie möglich sind und die Kinder frei spielen können, haben sie die Möglichkeit, sich eigenes Wissen anzueignen, sich kreativ und sozial auszudrücken oder den Umgang mit Frustrationen zu lernen.